Vortrag über medizinische Notrufdienste
Historisk arkiv
Publisert under: Regjeringen Stoltenberg I
Utgiver: Sosial- og helsedepartementet
Sozialministerin Frau Dr. Guri IngebrigtsenExpo 2000, Hannover, 4. September 2000
Tale/innlegg | Dato: 04.09.2000
Vortrag über medizinische Notrufdienste
Sozialministerin Frau Dr. Guri Ingebrigtsen
Expo 2000, Hannover, 4. September 2000
Ich darf Sie herzlich willkommen heißen nach einem hoffentlich wohlschmeckenden Mittagstisch. Wie mein Amtskollege, Gesundheitsminister Tore Tönne in seiner Ansprache zur Eröffnung sagte, möchten wir Ihnen das norwegische System des Notrufdienstes und seiner Vernetzung mit den gesamten medizinischen Ressourcen vorstellen. Auch zu diesem Punkt haben wir in Norwegen unsere Erfahrungen gemacht – sowohl positive als auch negative. Ich meine, es wäre interessant, darüber in einem internationalem Rahmen zu diskutieren, der vielleicht ein Ausgangspunkt für eine engere Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern werden kann.
Der medizinische Notrufdienst ist ein landesweites organisatorisches und teletechnisches System für Kommunikationsbereitschaft im medizinischen Bereich. Wichtigster Zweck ist die Herstellung eines direkten Kontakts zwischen der Bevölkerung und dem medizinischen Personal, zwischen den medizinischen Instanzen innerhalb und außerhalb der Kliniken, und im Fall von Katastrophen auch zwischen den Krankenhäusern, um eine wirksame Meldung an die richtige Stelle zu gewährleisten.
Auch wenn Norwegen der EU nicht beigetreten ist, sind wir über den Vertrag über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) an die Direktiven der EU gebunden. Die Direktive über den Notrufdienst schreibt hierfür die Nummer 112 vor. In Norwegen ist 112 die Notrufnummer der Polizei, die direkt mit den medizinischen Notfallmeldezentralen und der Feuerwehr in Verbindung steht. Damit erfüllen wir die Anforderungen der Direktive. Trotzdem überlegen wir uns jetzt, ob es nicht am zweckmäßigsten wäre, wenn sich die Bevölkerung nur eine Notrufnummer merken müsste – nämlich die 112 (heute hat die Feuerwehr die 110 und der medizinische Notrufdienst die 113).
Beim medizinischen Notrufdienst ist von entscheidender Bedeutung, dass die Bevölkerung bei Anruf der Notnummer sofort mit medizinischem Fachpersonal in Kontakt kommt. Das bedeutet, dass man in der Wartezeit auf die Ankunft der professionellen Hilfe fachgerechte Anweisungen bekommt. In einem Land wie dem unseren, mit zum Teil sehr langen Anfahrten, ist dies zum Beispiel im Falle eines Herzinfarkts von entscheidender Bedeutung.
Wie Sie an den späteren Vorführungen sehen können, ist die medizinische Bereitschaft in Norwegen auf verschiedenen Verwaltungs-Ebenen organisiert. Die Gemeinden oder Kreise sind zuständig für die Notfallärztlichen Bereitschaftsdienste in Pflegeheimen und Ärztezentren, Kommunikations-bereitschaft und –geräte für Arzt und Krankenpflegepersonal sowie die praktische Koordinierung mit der Feuerwehr. Da viele unserer Gemeinden verhältnismäßig wenig Einwohner haben, werden diese Dienste häufig in interkommunaler Kooperation organisiert.
Die Regierungsbezirke oder ‚Fylker’ – 19 an der Zahl, sind zuständig für die medizinische Notrufnummer ( 113 ), die notfallmedizinischen Kommunikations-Zentralen (AMK-Zentralen) in Krankenhäusern sowie die Kommunikationsbereitschaft und –Ausrüstung im Notarztdienst.
Die staatlichen Gesundheitsbehörden sind zuständig für die Qualitätskontrolle und Beratung und die Aufsicht des Dienstes
Welche Ressourcen stehen denn nun zur Verfügung, wenn ein Notfall eingetroffen ist ?
Der notärztliche Bereitschaftsdienst – norwegisch ‚Legevakten’
( etwas anders organisiert als eine Notfallpraxis in Deutschland mit mehr Behandlungsmöglichkeiten )
hat folgende Aufgaben:
- Diagnostizierung und Behandlung notfallmedizinischer Zustände wenn der Patient keine stationäre Krankenhausbehandlung benötigt
- Entscheidung über die Einweisung von Patienten ins Krankenhaus
- Erste medizinische Versorgung und Stabilisierung von Atmung und Kreislauf an Patienten, die ins Krankenhaus überführt werden müssen.
Von den insgesamt 4,5 Millionen Fällen, die sich an diese Notfallpraxen wenden, werden 90% hier untersucht und abschließend behandelt.
Der vom „Fylke organisierte Ambulanzdienst besteht aus Rettungswagen und Booten mit entsprechender Ausstattung an der Küste. In einzelnen größeren Städten gibt es auch Notarztwagen.
Der Luftrettungsdienst ist bei akuten Notfällen oder Unfällen von größter Wichtigkeit. Ich wage zu behaupten, dass Norwegen mit den am besten ausgebauten Luftrettungsdienst hat. Insgesamt stehen dem Dienst 11 feste Hubschrauber und 8 Flugzeuge zur Verfügung. Außerdem gehören 4 Rettungshubschrauber zum Luftrettungsdienst. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern ist dieser Dienst rund um die Uhr in Bereitschaft, auch wenn die Ausführung der Aufträge manchmal aus Wetter-Gründen problematisch wird. Es ist die wichtigste Aufgabe für den Luftrettungsdienst mit Notarzt, medizinisches Personal rasch zum Unfallort zu bringen, um dort stabilisierende Versorgung durchzuführen und dann den Patienten schonend zum Unfall-Krankenhaus zu transportieren.
Norwegen ist in fünf medizinische Regionen mit je einem Regions-Krankenhaus eingeteilt. Diese Krankenhäuser sind mit den meisten Ressourcen und den besten Fachteams zur Behandlung schwerer Verletzungen und Notfälle ausgestattet. Insgesamt gibt es 80 Krankenhäuser mit Notfall-Bereitschaft im Bereich Innere Medizin und Chirurgie. Bei notfall-medizinischen Zuständen wird der Arzt vor Ort entscheiden, in welches Krankenhaus der Patient zu verbringen ist.
Wie wir heute schon einmal gehört haben, ist Norwegen ein langes schmales Land mit nur 4,5 Millionen Einwohnern. Deshalb ist es notwendig gewesen, einen medizinischen Notrufdienst und eine notfallmedizinische Kette zur Behandlung von Verletzungen und Unfällen auszubauen. Ich hoffe, dass sie aus den folgenden Beiträge erfahren werden, wie dieser Dienst funktioniert.